Hoffnung und Harmonie

Vor ihm stand gerade ein älterer Gutsbesitzer, der sein Gutshaus nicht weit vor den Toren Sonnspeers hatte. Er klagte sein Leid über die Truppen, die ihm die Vorräte für den Winter genommen und seinen spärlichen Landstrich verwüstet hatten, als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung zu seiner linken wahrnahm. Er sah gerade noch wie Nymeria durch die Tür zum hinteren Balkon huschte. Er hatte schon seit Tagen versucht mit ihr zu reden. Entweder ging sie ihm aus dem Weg oder aber wenn er sie erwischte gesellte sich dieser Isenwälder innerhalb kürzester Zeit zu ihnen. Irgendwie schwadronierte der sogenannte Kommandant in jeder seiner scheinbar großzügigen freien Minuten um Nymeria herum. Doran hatte sein Gedächtnis verloren aber er war nicht dumm. dorne09_001Die letzten Begegnungen waren mehr oder weniger ruhig und sachlich verlaufen, aber es war ihm nicht leicht gefallen diesem respektlosen Quälgeist nicht eine Lektion zu verpassen. Aber wahrscheinlich würde er in dieser Begegnung unterliegen. Ser Azrael hatte nicht in den letzten 3 Monden komatös im Bett gelegen um sich von schwärenden Schwertwunden zu erholen. Er hatte trainiert, die Wachen befehligt und Nymeria angeschmachtet. Doran kannte die Blicke des Begehrens und er hatte sie mehr als deutlich in Ser Azraels Augen gesehen. Aber nicht mehr lange und Ser Azrael wäre für einige Zeit aus der Stadt dorne09_004verschwunden. Sicher wenn Nymeria ihn ebenso wollte wie er sie würde auch seine Abwesenheit Doran nicht zum Wohl gereichen. Aber es war noch nicht lange her, da waren sie ein Paar gewesen. Nymeria hatte ihn begehrt und sie waren nach dem an das er sich erinnerte glücklich gewesen, hatten das Bett leidenschaftlich geteilt und Nymeria war während seiner Erkrankung ein Anker gewesen, der Dorne zusammengehalten hatte. Wenn noch irgendetwas zwischen ihnen davon übrig war, würde Doran es schaffen sie erneut für sich und auch Dorne zu erobern.

Er war sich nicht sicher ob das Kind, dass sie unter dem Herzen trug ein Vorteil oder ein Nachteil für ihn war. Zumindest in dieser Beziehung. Er liebte Kinder, so wie jeder Dornische und das Nymeria sein Kind trug erfüllte ihn mit unglaublicher Freude. Aber er wusste sie hatte das nicht gewollt. Das Kind in ihrem Leib bedrohte ihr Leben und in gewisser Weise band es sie auch an ihn. Es mochte ihr vorkommen als hätte sie nicht mehr die Wahl.

Es hatte nicht bemerkt, dass der Gutsbesitzer bereits vor einigen Minuten zu reden aufgehört hatte. Der ganze Thronsaal blickte ihn wartend an. Doran versuchte sich an einem überlegenden Gesichtsausdruck und nach kurzem Zögern stimmte er einer großzügigen Entschädigung zu, natürlich nicht ohne nochmals auf die Notwendigkeit der Truppen und ihrer Mission hinzuweisen. Der Gutsbesitzer strahlte über das ganze Gesicht als er die Summe vernahm die ihm zugesprochen worden war und Doran beendete die Audienzen für den heutigen Tag mit dem Hinweis, dass noch viele dringende Aufgaben auf ihn warteten. Er folgte Nymeria auf den Balkon und heute würde er nicht zulassen, dass sie gestört wurden. Dieses Gespräch war wichtig, sogar außerordentlich wichtig.

Sie wirkte Gedanken verloren wie so an der Balustrade stand, erklärte sich aber Einverstanden mit ihm ein leichtes Mahl zu sich zu nehmen und so rief er nach den Bediensteten ließ Brot, Früchte, Käse und Fisch auftragen und sie setzten sich nieder. Erst nach Nymerias Toast auf Dorne begann er zu sprechen. Er hatte viel nachgedacht wie er beginnen wollte und doch fiel es ihm jetzt schwer. Zunächst berichtete er ihr, dass Charis dem Plan bezüglich ihrer Kinder, wenn dorne09_007auch schweren Herzens, zugestimmt hatte. Dann fragte er sie ob sie sich schon überlegt hätte wie es bezüglich des ungeborenen Kindes weitergehen solle. Egal wie viel er darüber nachgedachte hatte, er hatte es wohl falsch begonnen. Sie war aufbrausend fast trotzig sagte sie, dass sie es leid wäre sich um den Fortbestand des Hauses Martell zu sorgen und das es ihr Egal wäre ob Charis ihrem Ratschlag folgte oder nicht.

Den Impuls, der durch seine Kehle drang es ihr gleichzutun und ebenso trotzig und zornig zu antworten, hinunterschluckend schloss er für einen Wimpernschlag die Augen und trank einen Schluck Wein. Danach war er fähig seine Gedanken ruhig und in sachlichen Worte zu fassen:  „Es mag sein, dass es dir schwerfällt nachzuvollziehen, dass Charis sich mit dieser Entscheidung schwer getan hat, Nymeria. Aber sie hat ihr zugestimmt. Das habe ich dir eben gesagt, kein Grund zornig zu werden.“ Er holte erneut tief Luft bevor er fortfuhr. „Und was sollte ich meinen im Bezug auf das Kind. Ich weiß, du hast es nicht gewollt und dieses Kind bringt dich in Lebensgefahr aber egal was du oder auch ich wollten. Es ist jetzt einmal so und daran lässt sich wie du mir gesagt hast auch nichts mehr ändern. Und es spielt keine Rolle ob du mir glaubst oder auch nicht,  dass ich zugestimmt hätte daran etwas zu ändern wenn es möglich wäre, allein um dein Wohlergehen und deine Gesundheit zu sichern und zu erhalten. Aber wenn dieses Kind lebend und gesund zur Welt kommt wird es ein Bastard sein, Nymeria. Wie du in Bezug auf Doran selbst gezeigt hast, gibt es viele Wege dein Kind zu legitimieren. Aber ich wünsche mir, das dieses Kind als ein Martell auf die Welt kommt.“ Er hatte sich in Fahrt geredet, das hatte er anders geplant gehabt aber nun gab es kein Zurück mehr. Er stellte den Kelch auf den Tisch erhob sich und kniete sich vor ihr nieder nahm ihre Hände sanft in die seinen.

„Nymeria, ich habe dich bereits gebeten meine Frau zu werden, noch bevor überhaupt ein Gedanke daran verschwendet wurde, dass du je mein Kind tragen würdest. Und egal wie schwierig es zwischen uns im Moment ist. Es muss einmal anders gewesen sein. Ich habe mein Gedächtnis verloren aber meine Gefühle sind dieselben geblieben.dorne09_010

Nymeria, werde meine Frau. Bitte, gib unserem Kind einen Namen.“ Er hielt den Blick sanft auf ihre Augen gerichtet.

Er wusste nicht ob er sie überrumpelt hatte. Insgeheim hatte er zornige Worte und eine postwendende Absage erwartet. Es wäre schließlich nicht die Erste und damals hatten sie innige Gefühle, Leidenschaft und ein Einvernehmen verbunden, dass in den Monden seines Komas verloren gegangen war. Doch ihre Worte waren ruhig und ernst. „Ein Fürst sollte nicht knien Doran.“ Er konnte an ihrem Gesicht nicht ablesen was in ihr vorging. Nach einigen Worten, die seine Erinnerung gelöscht hatte noch bevor sie sie zur Gänze ausgesprochen hatte vernahm er und das würde er niemals vergessen. „Gib mir bis morgen Bedenkzeit, Doran.“

Er setze sich auf sein Kissen und spürte wie ein Gefühl der Hoffnung sich in ihm breit machte. Aber er war noch nicht fertig. Er meinte zu wissen, dass ihr Pflichtgefühl sie möglicherweise dazu bewogen hatte, ihm nicht sofort eine Absage zu erteilen. So versuchte er ihr zu vermitteln, dass eine Entscheidung zugunsten einer Ehe mit dem Fürsten von Dorne nicht bedeuten musste, dass sie sich für ihn entschied. Das sie, so sie es denn wünschte, eine Ehe führen konnten, in der jeder von ihnen seine eigenen Wege ging auch wenn er unmissverständlich klar machte das sein Wunsch ein Anderer war. Er sprach den Namen nicht aus. Er wollte im Moment nicht wissen oder auch nur im Ansatz erfahren, wie ihre Gefühle für Azrael wirklich waren. Denn wenn er ehrlich mit sich selbst war konnte er nicht einschätzen wie er reagieren würde, wenn dieser Mistkerl es wagen würde seiner Frau beizuliegen. Aber darum würde er sich kümmern sollte es je dazu kommen. Mit wenigen Worten erläuterte sie ihm warum sie sich als Fürstin nicht als geeignet empfand. Doch seine Gegenargumente trafen nicht auf ihr Verständnis und ihm wurde klar, dass sie in dieser Frage nie zu einem gemeinsamen Nenner kommen würden. Diese Diskussion hatten sie sicher schon mehrmals geführt und so versuchte er ihr Gespräch auf die anderen anstehenden wichtigen Dinge zu lenken.dorne09_006Sie besprachen kurz den Ablauf der Erhebung Gilliam Sands zum Ritter und der anschließend geplanten Abreise Ser Azraels nach Haus Isenwald. Nymeria schlug vor, dass sie die anberaumten Gesprächstermine der nächsten Zeit gemeinsam führen würden und sie die im Vorfeld vereinbarten Kernpunkte im Gesprächsverlauf zusammenfassen würde. Etwaige Erinnerungs- und Wissenslücken könnte er damit auffüllen. Im Weiteren schlug sie vor, dass er die Kinder kennenlernen sollte und er berichtete ihr, dass er wohl in weiser Voraussicht mit Ser Rothnar Allyrion eine Vereinbarung getroffen hatte. Ser Rothnar hatte er Charis Kinder anvertraut, nachdem sie offiziell deren Tod inszeniert hatten. Als dieser von dem Attentat auf den Fürsten erfahren hatte, hatte er Charis heimlich eine Nachricht zukommen lassen in dem ein Weg aufgezeigt wurde wie sie mit ihm und ihren Kindern in Verbindung treten konnte. Somit konnten sie die Kinder nach Sonnspeer zurückholen.

Doran bemerkte mit Freude, dass ihr Gespräch konstruktiv und in einer Harmonie geführt wurde die sein Herz wärmte. Auch das Nymeria zu den aufgetragenen Speisen griff erfüllte ihn mit Erleichterung. Er hatte schon überlegt wie er, ohne sie zu bevormunden erreichen konnte, dass sie endlich etwas aß. Sie schien sich insgesamt so zu entspannen, dass er sogar ihr hübsches Lächeln mehr als einmal wahrnehmen konnte.

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Egal was sie dachte sie würde eine wunderbare Fürstin abgeben. Da war er sich mehr als sicher. Er geleitet sie bis zu ihrem Gemach und sie scheute sich auch nicht ihn ab und an unnötigerweise zu berühren. Nicht oft aber mehr als sie es getan hatte seit er wieder unter den Lebenden weilte. Als er die Hände der Zofen beim Entkleiden spürte bemerkte er wie sein Körper reagierte. Er hatte sein Monden keine Frau gehabt und immer wenn Nymerias Hand ihn berührt hatte konnte er kaum an sich halten sie zu küssen und sie sich zu nehmen. Er konnte sich hier und jetzt oder im Bordell Erleichterung verschaffen aber die Hoffnung und die Vorfreude das er erneut Nymerias Leidenschaft leibhaftig erfahren würde brachte ihn davon ab. Er würde warten wie sie sich entschied.

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